Im Juni 2013 hatten wir diese Umfrage gestartet, mit der wir ein bisschen was über die Nutzer von kivitendo erfahren wollten. Die Teilnahme-Quote war bis Mitte November 2013 recht überschaubar - was bedauerlich ist. Offenbar wird kivitendo zwar gern genommen, allerdings ziehen Anwender augenscheinlich das stille Genießen vor. Ohne Feedback ist das aber wie mit ständig versalzenem Essen: Wenn es keiner sagt, wird der Koch seine Würz-Strategie kaum überdenken.
Hier im Forum ist das Feedback meist auf „da klappt was nicht“ oder „ich bekomme das nicht hin“ beschränkt. Das ist zweifellos besser als nichts, allerdings hilft es bei den grundlegenden Fragen nur begrenzt bis gar nicht weiter. Für eine an den Anwenderkreis angepasste Produktentwicklung ist es essentiell, dass die Entwickler diesen Kreis kennen. Es ist nämlich außerordentlich relevant, welche Branchen kivitendo einsetzen. So sagt der aktuelle Stand der Umfrage, dass nur 13% der Anwender im Handel tätig sind, aber dennoch die Hälfte die Lager-Funktionalität nutzt. Es wäre sehr interessant, wie das im Detail aussieht, bzw. welche Anforderungen tatsächlich gestellt werden.
Interessant ist ebenfalls, dass zwar 73% aller Anwender die FiBu verwenden, das integrierte Mahnwesen aber gerade mal von knapp der Hälfte genutzt wird. Das CRM bekommt teilweise vernichtende Kritiken, wird aber dennoch von 27% der Anwender genutzt. Eine Diskrepanz, worauf Antworten mindestens so spannend wären wie die auf die Frage, was die übrigen 73% ohne CRM machen.
Dass der Preis — nämlich „kost nix“ — eine gewichtige Rolle spielt, war vorhersehbar. Wobei sich hier ein großer Teil der Nutzer offenbar mehr oder minder in die eigene Tasche lügt, denn 58% schraubt der Umfrage folgend selbst an kivitendo herum. Dabei wird gern unterschlagen, dass die eigene Zeit ebenfalls einen Wert hat. Anrufe der Art «Ich habe da jetzt schon selbst 40 Stunden herumprobiert, da bekomme ich doch sicher Rabatt von Ihnen?» zeigen, dass es bei so manchem kivitendo-Anwender eine etwas verschobene Wahrnehmung vom Wert der Arbeit anderer gibt. Mehrere Fragen wirft so ein Einwand auf, wenn für die gescheiterten Selbstversuche ein Aufwand von ca. einer Stunde veranschlagt wird, der Wert der eigenen Arbeitszeit also unterhalb von 2,50€/h netto liegen müsste, wenn sich das selbst herumprobieren rechnen soll.
Das ist übrigens keine fiktive Geschichte, dafür ist sie viel zu schräg.
Bei einem Anteil von 91% zwischen One-Man-Show und Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern gibt es zumindest eine begrenzte Erklärung für das Scheitern von Crowdfunding-Versuchen in der Community. Hier geht offenbar der Irrglaube um, dass man selbst zu klein für einen sinnvollen Beitrag sei und „die Großen“ das dann schon richten.
Entgegen dieser mutmaßlichen Annahme bestimmen wenige eher kleine Unternehmen mit ihren Investitionen die Entwicklung von kivitendo. Der überwältigende Rest der Anwender lebt von den Brotkrümeln, die in Form einer Community-Version vom Tisch fallen. Wobei darin aufgrund des damit verbundenen Aufwands immer nur bruchstückhaft die bezahlten Ergänzungen aus Aufträgen einfließen. Bei einigen Zahlenden regt sich langsam Unmut darüber, dass vieles von ihnen, aber wenig von anderen in kivitendo einfließt. Der Community-Ansatz und „Open-Source-Lösung“ wird dort als gegenseitiges Nehmen und Geben verstanden. Bei kivitendo gibt es diesbezüglich leider ein brutales Ungleichgewicht, dass sich kurz und knapp mit „ein paar geben, der Rest nimmt“ umschreiben lässt.
Dass es bei kivitendo, wie bei allen Softwareprodukten, eine große „stille“ Benutzergruppe gibt, liegt nah. Aus dieser Erkenntnis heraus lässt sich eine vorsichtige Schätzung belastbar hochrechnen: Die Downloadzahlen von kivitendo, sowie die Anzahl der Forenmitglieder erlauben die Annahme, dass es sicher einen soliden vierstelligen Nutzerkreis von kivitendo gibt. Gäbe jeder dieser Anwender 50 €/Jahr für kivitendo aus oder würden von allen zumindest eigene Erkenntnisse mit anderen geteilt, wären viele der Tickets sicher schon lang geschlossen, Fehler beseitigt und Wünsche erfüllt.
Eine Community funktioniert, wenn sich die Teilnehmer nicht nur auf die Fußnägel schauen, sondern umsehen:
- Was brauche ich, was können andere brauchen, wer kann es für uns alle bauen?
- Was kann ich beitragen?
Beim Thema ERP sollten diese Ansätze mit gesund egoistischen, überlebenswichtigen Fragen verknüpft sein, sowohl für die Community als auch das eigene Unternehmen:
- Wie arbeite ich in meinem Unternehmen mit Unternehmenssoftware?
- Wie sicher kann die Produktentwicklung der von mir eingesetzten Software funktionieren, wenn ich mich dabei ausschließlich auf Zeit- oder Geldspenden anderer verlasse?
- Wieviel ist mir ein gut gepflegtes Produkt und eine funktionierende Unterstützung — insbesondere wenn es brennt — wert, bzw. was sollte/muss es mir wert sein?
- Welchen Wert hat meine eigene Arbeitszeit?
- Welche Wertschätzung erfährt die Arbeit anderer durch mich?
- Wäre ich in der Lage zur umfassenden Selbsthilfe bei Programmfehlern (31% glauben, dass sie es sind) und wenn nicht: was leiste ich zur Gefahrenabwehr?
Der erste Schritt zu einem besseren kivitendo ist die Teilnahme an der Umfrage, denn je mehr darin ihre Meinung und Information einfließen lassen, desto aussagekräftiger wird sie. Oder ist das bereits zu viel verlangt?